Irrwitzig...

Nicht irrwitzig...
... findet Bahn-Chef Mehdorn allerdings folgendes:
„Seit dem Amtsantritt von Bahn-Chef Hartmut Mehdorn explodierten die Bezüge für die acht Vorstandsmitglieder: In den Jahren 1999 bis 2005 stiegen sie laut Geschäftsbericht von 3,679 Millionen Euro auf 14,693 Millionen Euro (9,494 Millionen Euro Fixgehalt plus 5,199 Millionen Euro variabler Anteil) – das sind 400%“
Kommentar eines Bahnsprechers dazu:
„Im Vergleich zu anderen Unternehmen dieser Größenordnung bewegen sich die Vorstandsgehälter im unteren Bereich.“
Genau - welche Bescheidenheit! Uns kommen die Tränen.
blackconti - 3. Jul, 22:00
Nachgerechnet
Wenn die Angestellten demnächst ihre, geschätzt, 3,2 % durchhaben, werden, so in etwa einem halben Jahr, M. und seine Vorstandskollegen alles dransetzen, mindestens ins Mittelfeld der Konzerne gleicher Größenordnung vorzustoßen. 1 - 2 Mio. p.A. sollten da schon drin sein - natürlich lautlos und ohne Trillerpfeifen. Wetten?
Auch wenn's weh tut: Das Gehalt von Mehdorn steht nicht zur Diskussion. Es ist sicherlich viel zu hoch - aber es gibt bei der Bahn einen Aufsichtsrat, der das genehmigt haben muss. Der grösste Anteilseigner ist die Bundesrepublik Deutschland, d.h. die Politik!
Das "plötzliche" Bemerken der Lokführergewerkschaft, dass sie zu wenig geld verdienen, ist durchschaubar. Es geht darum, vor dem fast mytisch beschworenen Börsengang die Claims abzustecken. Bis vor wenigen Jahren war der Grossteil der Lokführer noch verbeamtet. Das wurde sukzessive zurückgefahren. Ein Streik Ende der 90er Jahre (ich verbrachet in wenigen Tagen rund neun zusätzliche Stunden auf Bahnsteigen) hatte bei aller Vehemenz nicht die Durchschlagskraft wie heute; die Lokführ mussten fahren. Der Stillstand trat erst wenige Tage später ein, da die Loks und Wagen nicht mehr gewartet wurden; das Wartungspersonal streikte auch.
Insofern sind die Auswirkungen heute die Folge der politisch gewollten, aber vollkommen sinnlosen Privatisierungsmanie der Politik und Wirtschaft. Die Bahn ist nicht zu einem bloss kommerziellen Verein "umzurüsten".
Die GdL, vorher eine unbedeutende Kleinstgewerkschaft, versucht jetzt, die Muskeln spielen zu lassen. Warum sie nicht vor rund zehn Jahren schon angefangen hat, für ihre itglieder vernünftige Tarifverträge auszuhandeln, bleibt ihr Geheimnis. Da erinnert ein bisschen das Vorgehen der Gewerkschaft an das Geschrei um den Mindestlohn: Da will man Versäumnisse in den eigenen Reihen mit der Brechstange durchsetzen.
Gehaltsforderungen in Höhe von mehr als 30% (durch eine Garantiesumme des Einstiegsgehalts) kommen dem Tatbestand der Erpressung nahe. Die GdL wähnt sich am langen Hebel, was vermutlich stimmt. Die Argumentation ist hanebüchend; Lokführer werden mit Piloten verglichen. Dieser Argumentation nach müsste ein LKW-Fahrer auch längst entsprechend bezahlt werden. Der Bahn wird's nicht bekommen; Mehdornhasser werden das toll finden, aber irgendwann tritt dieser Tanzbär auch einmal ab.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Von mir aus bekommen die Lokführer 50% mehr Gehalt und die Angestellten vielleicht 10% (wir bekommen dann die Zweiklassengesellschaft bei den Airlines auch bei der Bahn - warum nicht?). Würde die Bahn auf die Forderungen der Gewerkschaften eingehen, so kostet das zwischen 120 und 150 Millionen/Jahr. Irgendwann wird dann aber niemand mehr die Fahrpreise bezahlen können und, was noch wichtiger ist: wollen. Dann wird die heute schon überwiegende Bahnklientel (Schüler, Studenten, Soldaten, Rentner; Geschäftsreisende nutzen die Bahn fast nur noch bei Direktverbindungen im Grosstadtverkehr [bist Du schon einmal mit Gepäck als Urlauber umgestiegen und musstest 5 Stunden auf den Anschlusszug warten?]) unter sich sich. Wobei deren Tickets entweder vom Staat subventioniert werden oder es sich um Bahncard- oder Schnäppchenfahrer handelt.
Dass ich allen Privatisierungen, besonders in Bereichen der Daseinsvorsorge, eher ablehnend gegenüberstehe, werden Sie vielleicht schon bemerkt haben. Meistens wird nur ein staatliches durch ein privates Monopol ersetzt. Die Folgen sieht man nun bei den Energieversorgern. Vom Dauerbrenner Privat-TV ganz zu schweigen.
Übrigens, meine Erfahrungen mit der Bahn sind tatsächlich nicht sehr ausgeprägt, wenn man von der Münchener S-Bahn absieht, die ich zumindest für Fahrten in die Innenstadt
regelmäßig benutzt habe.
Ich bin...
Gipfelpunkt des Schwachsinns war vorgestern ein Interview im "heute journal" mit einem stark verfetteten Unternehmensberaterjüngelchen und Claus Kleber. Kleber übernahm die Position des advocatus diaboli. Immer, wenn der Unternehmensberaterbubi von "freiem Markt" anfing zu schwadronieren, konterte Kleber damit, dass die Freiheit ja auch bei den GdL-Mitgliedern läge, und zwar in dem sie für ihre über 30% streikten. Da war ganz schnell die Luft 'raus; er erzählte noch etwas von "traditionellen Lohnstrukturen" (oder so ähnlich) - das war's auch schon.
Der (auch von mir ) immer so belächelte Beamtenstatus hatte grosse Vorteile: Die Leute hatten quasi eine Beschäftigungsgarantie, parallel konnte aber so etwas wie eine Loyalität erwartet werden. Zudem war die Schere zwischen Vorstand und einfachem Angestellten nicht derart explodiert. Das man nur mit viel Geld die besten bekommt, widerspricht sich bei Mehdorn schon.
Das ganze Privatisierungsgeschwätz hat das fragile Gebilde zertrümmert; eine Konfiguration , ohne das eigentlich keine Firma existieren kann. Jetzt versucht jeder, ein möglichst grosses Stück von der Torte zu bekommen - und alle zermatschen dabei in der Hektik den schönen Kuchen.
@Gregor
Ansonsten, was die Privatisierung betrifft: Logisch kann nicht begründet werden, warum ein sehr großes privates Unternehmen besser als ein staatliches funktionieren soll. Anders als bei mittelständischen Unternehmen, wo Eigentümer und Chef in einer Person vereinigt sind. Vor kurzem gab es bei Spiegel Online einen sehr aufschlussreichen Artikel über die Müllbeseitigungsunternehmen: Einige Kommunen holen sich diese Aufgabe von den Müllkonzernen (=der Müllmafia) zurück, weil sie es in Eigenregie besser und billiger können.
Logikloch
Es ist nicht einzusehen, warum Berufsgruppen, die in Kernbereichen arbeiten, diese Position für sich ausnutzen. Das Bodenpersonal der Fluglinien hatte 2001 eine Gehaltserhöhung von rd. 3 % bekommen - die Piloten im hohen zweistelligen Bereich. Die Bordkartenhostess kann man mit angelernten Kräften nach zwei Monaten ersetzen - in den Piloten stecken die Airlines Hunderttausende in die Aus- und Weiterbildung. Wenn die so pathetisch beschworene "Schere zwischen arm und reich" noch innerhalb der Arbeitnehmerschaft geschliffen wird, so braucht man sich nicht wundern, wenn die erbrachten Dienstleistungen (zu höheren Preisen) dann irgendwann nur noch für eine bestimmte Schicht bezahlbar sind.
Nach einer ddp-Meldung von gestern (in der FAZ abgedruckt) sehen die Zahlen ein bisschen anders aus, als überall kolportiert:
Derzeit verdient ein Lokführer als Anfangsgehalt rund 1970 Euro brutto. Nach vier Jahren bekommt er 2142 Euro. Hinzu kommen monatlich jeweils 600 Euro durchschnittlich an Zulagen, wie etwa Verpflegungspauschalen, Urlaubsgeld sowie weitere Zuschläge. Ein Zugbegleiter erhält ein Einstiegsgehalt von 1776 Euro brutto. Nach vier Jahren bekommen Zugbegleiter 1885 Euro. Auch hier kommen Zuschläge von monatlich durchschnittlich 600 Euro hinzu.
Die GDL strebt eine Anhebung der Einstiegsentgelte für Lokführer auf 2500 Euro brutto an. Zudem sollen die Gehälter mit zunehmender Konzernzugehörigkeit und Berufserfahrung zunehmen. Mit einer Konzernzugehörigkeit und Berufserfahrung von mindestens 30 Jahren soll ein Lokführer beispielsweise dann knapp 3000 Euro bekommen. Ein solches System will die GDL auch für die Zugbegleiter erreichen. Als Einstiegsgehalt fordern sie 2180 Euro brutto. Dieses Entgelt soll bis auf 2616 Euro nach 30 Jahren Konzernzugehörigkeit und Berufserfahrung steigen.
Lustig finde ich die Idee, Zugbegleiter (= Fahrkartenkontrolleure) auf ein Verdienst von 2616 Euro zu bringen. Ich würde mir überlegen, ob ich von der Gewerkschaft Transnet oder GDBA noch schnell in die GdL eintreten würde.
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Das mit der Müllmafia ist ein anderes Thema - geht aber in die gleiche Richtung. In Düsseldorf ist die Stadt Mehrheitseigner der "privaten" Müllbeseitugungsfirma. Da man ihr ein Monopol zugesteht, steigen die Preise seit Jahren kontinuierlich.
@Gregor
- Arbeitskämpfe und individuelle Gehaltsabsprachen verbieten,
- die Einkommensentwicklung an die allgemeinen Steigerungen anderswo fest koppeln.
Es müssten dann sehr viele Arbeitskräfte unter diesen Zwang: Manager, Politiker, Ärzte, etc. pp. Alle aufgrund ihrer beruflichen oder gesellschaftlichen Position mit Erpresserpotenzial ausgestattet und auch deshalb und nicht nur wegen ihrer besonderen Fähigkeiten überproportional besser bezahlt als der durchschnittliche Arbeitnehmer.